Der Sommer ist da – nichts wie raus ins Freie und die Sonne geniessen oder Sport treiben! Doch aufgepasst: Wer sich bei hohen Temperaturen länger der Sonne aussetzt oder sich übermässig anstrengt, kann zum Beispiel einen Sonnenstich oder einen Hitzschlag erleiden. Im Interview erklärt unsere Ärztin Dr. med. Anamur-Lan Göttinger, was die Symptome des Hitzschlags sind und gibt Tipps, wie eine Hitzekrankheit verhindert werden kann.
Lan, es gibt verschiedene Hitzekrankheiten – wie heissen sie und wie unterscheiden sie sich?
Hitzekrankheiten entstehen, wenn der Körper überhitzt. Durch hohe Temperaturen, besonders zusammen mit hoher Luftfeuchtigkeit, stösst die natürliche Regulation der Körpertemperatur an ihre Grenzen. Körperliche Anstrengung und bestimmte Risikofaktoren begünstigen dies. Die verschiedenen Hitzekrankheiten unterscheiden sich vor allem in der Ausprägung der Symptome: leichte Formen können zum Beispiel Hitzekrämpfe in den Muskeln sein, aufgrund von Kochsalzverlust bei starkem Schwitzen. Hitzeödem bezeichnet eine Schwellung der Hände oder Füsse durch die Erweiterung der Blutgefässe. Der Sonnenstich bezeichnet einen Zustand, der mit Reizerscheinungen der Hirnhäute wie Kopfschmerzen, Schwindel und Erbrechen durch übermässige Sonneneinstrahlung auf den Kopf einhergeht. Die Hitzeerschöpfung stellt die Vorstufe des Hitzschlags, welcher die schwerste Form der Hitzekrankheiten und einen lebensbedrohlichen Zustand darstellt.
Was sind die Risikofaktoren?
Das Risiko einer Hitzekrankheit steigt ab 33 °C, insbesondere bei hoher Luftfeuchtigkeit. Längere direkte Sonneneinstrahlung, Anstrengung im Freien und wenig Trinken erhöhen das Risiko, besonders wenn enge und warme Kleidung getragen wird. Gleiches gilt für Fieber oder fehlende Gewöhnung an die Hitze bei plötzlichem Wetterumschwung oder Reisen in heisse Klimazonen.
Wer ist bei Hitze besonders gefährdet und warum?
Besonders gefährdet sind Säuglinge und kleine Kinder, da deren Temperaturregulation noch nicht so anpassungsfähig ist. Kinder schwitzen weniger, gleichzeitig wird durch die grössere Körperoberfläche im Verhältnis zur Körpermasse mehr Wärme aufgenommen, während ihr Stoffwechsel mehr Energie umsetzt. Im Jugendalter sind oft Athleten in Trainings- oder Wettkampfsituationen betroffen. Ältere Menschen sind auch stärker gefährdet, da im Alter die Schweissproduktion vermindert sein kann und das Durstgefühl weniger ausgeprägt ist. Bei chronischen Erkrankungen wie Diabetes, Herzkrankheiten oder einer Schilddrüsenüberfunktion sind die Mechanismen der Temperaturregulation meist beeinträchtigt und das Herz-Kreislaufsystem ist bereits anfälliger gegenüber einer Hitzebelastung. Medikamente, Alkohol und bestimmte Drogen können die natürliche Temperaturregulation und den Wasser-/Elektrolythaushalt ebenfalls beeinträchtigen und damit Hitzekrankheiten begünstigen. Auch eine ausgeprägte Fettleibigkeit macht anfälliger für Hitzekrankheiten.
Was sind denn die Symptome eines Hitzschlags?
Man unterscheidet zwei Hauptformen des Hitzschlags: der klassische und der anstrengungsbedingte Hitzschlag. Wichtig: Der Hitzschlag ist ein medizinischer Notfall! Der klassische Hitzschlag tritt öfter im höheren Alter auf − insbesondere bei Menschen mit chronischen Erkrankungen oder bei Personen, die Medikamente einnehmen oder Alkohol oder Drogen konsumieren. Diese Form kann sich über mehrere Tage entwickeln, da der Wasser- und Elektrolythaushalt zunehmend aus der Balance gerät. Der Anstrengungshitzschlag entwickelt sich oft rasch durch Anstrengung in Sonne und Hitze und betrifft vor allem im Freien aktive Menschen wie Sportler, Bergleute oder Soldaten. Die Symptome des Hitzschlags sind:
- Fieber > 40 °C (rektal gemessen)
- Verwirrung, Halluzinationen, Krampfanfälle, Bewusstseinsverlust
- Gangstörung, verwaschene Sprache
- heisse, trockene, rote Haut, kein Schweiss
- beschleunigter Herzschlag mit niedrigem Blutdruck
- beschleunigte Atmung, Erbrechen, Durchfall
Und was kann ich tun, wenn ich glaube, einen Hitzschlag oder eine Hitzeerschöpfung erlitten zu haben?
Wichtig ist, die ersten Anzeichen wahrzunehmen und frühe Zeichen einer Hitzekrankheit wie Kopfschmerzen, Schwindel oder Muskelkrämpfe ernst zu nehmen. Erste Massnahmen sind: Raus aus der Hitze, Ruhe und elektrolythaltige Getränke trinken. Bei deutlichem Unwohlsein, Schwindel, erhöhter Körpertemperatur, Erbrechen oder wenn nach den genannten Massnahmen keine rasche Besserung eintritt, sollte eine Ärztin oder ein Arzt konsultiert werden. Bei einer Körpertemperatur von mehr als 40 °C besteht der Verdacht auf einen Hitzschlag, der umgehend notfallmässig im Spital behandelt werden muss. Fiebersenkende Medikamente sind bei einem Hitzschlag nicht wirksam.
Wie können Hitzekrankheiten verhindert werden?
Am besten schützt man sich durch Prävention. Das bedeutet, an heissen Tagen im Schatten oder in kühlen Räumen bleiben, anstrengende körperliche Tätigkeiten wie Arbeit im Freien oder Sport vermeiden oder diese in die frühen Morgenstunden oder späten Abendstunden verlegen. Helle, leichte und locker sitzende Kleidung wählen und draussen eine leichte Kopf- und Nackenbedeckung tragen. Immer mal wieder abkühlen mit kühlen feuchten Tüchern, einer kühlen Dusche oder kühlen Fuss- und Handbädern. Ein Wasserspray ist praktisch für unterwegs oder im Büro. Die Trinkmenge sollte mindestens 1,5 bis 2 Liter betragen, nach Sport oder Anstrengung entsprechend mehr. Gekühlte alkoholfreie Getränke und leichte Kost mit einem hohen Flüssigkeitsanteil sind wohltuend und erfrischend. Meine persönlichen Erfrischungsfavoriten an einem heissen Sommertag sind aromatisiertes Wasser mit Minze und Gurke und gekühlter Wassermelonensalat mit Feta.
Und wie hilft mir Medgate?
Wer vermutet unter einer Hitzekrankheit zu leiden, kann Medgate am einfachsten über die Medgate App kontaktieren. Am Telefon oder über Video erfragen wir detailliert Symptome einer möglichen Hitzekrankheit und ziehen auch andere Ursachen der Beschwerden in Betracht. Sofern keinerlei Alarmzeichen bestehen, ist eine leichte Hitzeerkrankung telemedizinisch gut behandelbar. Wir beraten zu Sofortmassnahmen, der Verlauf wird engmaschig gemeinsam neu beurteilt und das Vorgehen entsprechend angepasst. Leichte Hitzeerkrankungen bessern sich meist relativ rasch, sodass absehbar ist, ob und wo eine weiterführende Behandlung notwendig ist.
Lan, vielen Dank für das Gespräch!